Stochastik in der Schule - Online-Archiv
 

Band 22 Heft 1: Gerhard König: Bibliographische Rundschau

A. und U. Abel: Wie wahrscheinlich sind k Sechsen hintereinander beim mehrfachen Würfeln? PM, Praxis der Mathematik 43 (2001) 284-286
Die Autoren untersuchen die Wahrscheinlichkeit, dass bei n-maligem Würfeln k Sechsen (k = 1) hintereinander auftreten. Im speziellen Fall k = 2, der kürzlich in Heft 2 von PM behandelt wurde, berechnen sie durch Lösen einer Differenzengleichung einen expliziten Ausdruck für die Wahrscheinlichkeit. Da für allgemeines k offenbar keine explizite Formel angegeben werden kann, leiten die Autoren einen Näherungsausdruck her, der auch das asymptotische Verhalten für n gegen Unendlich zeigt.
Beck-Bornholdt, Hans-Peter; Dubben, Hans-Hermann: Der Schein der Weisen. Irrtümer und Fehlurteile im täglichen Denken. Hamburg: Hoffmann und Campe, 2001
Ein Tourist beobachtet nachts in einer fremden Stadt, wie ein Taxifahrer ein parkendes Auto beschädigt. Er glaubt, ein blaues Taxi erkannt zu haben. Da es in der Stadt nur zwei Taxiunternehmen gibt, eines mit blauen und eines mit grünen Autos, fällt der Verdacht sofort auf den Unternehmer mit den blauen Taxis. Um sicher zu gehen, führt die Polizei am nächsten Abend unter ähnlichen Bedingungen einen Test mit dem Zeugen durch. Das Ergebnis: Mit jeweils 80-prozentiger Sicherheit identifiziert er grüne und blaue Wagen. Diese 80 Prozent sind für den Richter ein hinreichender Beweis, er verurteilt den Taxiunternehmer. Ist das korrekte Statistik? Mitnichten. Wenn man bedenkt, dass es in der Stadt 25 grüne, aber nur 5 blaue Taxen gibt, dann ergibt sich eine ganz andere Rechnung: Von den grünen Taxen erkennt der Zeuge fälschlich 5 als blau, von den blauen richtigerweise 4. Wenn man ihm also in der Dunkelheit ein zufällig ausgewähltes Taxi präsentiert und er sagt "blau", dann ist es mit größerer Wahrscheinlichkeit, nämlich in 5 von 9 Fällen, in Wahrheit ein grünes gewesen! Dieses Beispiel ist vielleicht das wichtigste von vielen Beispielen, mit denen die Autoren in diesem Buch die Probleme der Statistik bei nichtkundigen Anwendern illustrieren, und sie hat radikale Konsequenzen. Denn so, wie der Richter in dem Taxi-Beispiel Statistik betreibt, so wird es auch in der wissenschaftlichen Praxis bei Nicht-Mathematikern oft gemacht - mit gravierenden Folgen. Ein anderes Beispiel: Wenn eine neue medizinische Therapie mit einer alten verglichen wird, dann ist für die Statistiker die Irrtumswahrscheinlichkeit ein wichtiger Wert. Hier kommt aber auch die bedingte Wahrscheinlichkeit und die Problematik mit der Bayes-Statistik ins Spiel. Die Autoren beschreiben nun, wie dieser theoretische Streit der Statistik sich auf die medizinische Forschung auswirkt. Ihr Fazit: Medizinstatistik ist nicht nur in der Praxis mangelhaft, sondern steht auch theoretisch auf wackeligen Füszlig;en.
Halbach, Abel: Eine Statistik - viele Interpretationen. mathematik lehren, Heft 109 (2001), 46-48
Eine "journalistische" Einstiegsaufgabe zum Thema Interpretation und Manipulation statistischer Daten wird diskutiert. Ziel ist das Bewusstmachen der Möglichkeiten zur Verfälschung der Darstellung statistischer Daten in Veröffentlichungen. Die Formulierung von Misstrauensregeln sind ein weiteres Ziel.
W. Janous / R. Baumann: Zu "Wie wahrscheinlich sind zwei Sechsen hintereinander? PM, Praxis der Mathematik 44 (2002)2, 79
Erweiterungen und neue Lösungswege zu dem von D. Treiber in PM 43 (2001) 93f. aufgeworfenen Problem, die Wahrscheinlichkeit dafür zu bestimmen, dass bei n-maligem Würfeln 2 Sechsen hintereinander auftreten.
Motzer, Renate: Was ist das "Gegenteil"? - Anmerkungen zu einem Begriff, der auch im Stochastik-Unterricht eine Rolle spielt.. Beiträge z. Mathematikunterricht. Hildesheim: Franzbecker, 2001, 434-437
Im ersten Übungsblatt zur Grundschulmathematik, das sich mit Mengen und ihren Darstellungen beschäftigte, wurden auch ein paar offenere Fragen gestellt. In einer Aufgabe wurde nach dem "Gegenteil" gefragt. Anhand verschiedener Denkansätze der Studierenden wird diskutiert, wie dieser Begriff verstanden werden kann und welche Auswirkungen das auch für den Stochastikunterricht der Oberstufe haben kann. Eine weitere Aufgabe, die Prozentangaben enthält, die in unterschiedlicher Weise als bedingte Wahrscheinlichkeiten gedeutet werden können, wird ebenfalls vorgestellt und diskutiert.
Neubert, Bernd: Zusammenstellen von Drei-Gänge-Menues und Eistüten. Beiträge zum Mathematikunterricht. Hildesheim: Franzbecker, 2001, 446-449
In empirischen Untersuchungen wurde das Lösungsverhalten von Grundschülern beim Lösen kombinatorischer Aufgaben ausgewertet. Die Schüler wurden dazu mit der Videokamera beobachtet und auch über ihr Vorgehen befragt. Über die Ergebnisse von zwei Untersuchungen (Drei-Gänge-Menü und Eiskugelaufgabe) wird im Vortrag berichtet.
Rasfeld, Peter: Das Rencontre-Problem, eine Quelle für den Stochastikunterricht von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe II? Beiträge zum Mathematikunterricht. Hildesheim: Franzbecker, 2001, 496-499
Bei einem Rencontre-Problem werden natürliche Zahlen 1, 2, 3, ..., n einer zufälligen Permutation unterworfen und nach der Wahrscheinlichkeit gefragt, dass dabei mindestens ein Element fix bleibt. Paradox ist die Lösung in zweierlei Hinsicht: Zum einen sind für n = 3 die Wahrscheinlichkeiten für wenigstens einen Fixpunkt deutlich größer als die für keinen. Zum anderen sind diese für alle n = 7 nahezu gleich groß. Beides wird in Anwendungen intuitiv häufig falsch eingeschätzt. Im Vortrag werden Wege aufgezeigt, wie im Unterricht diese Fehlvorstellungen überwunden und wie die Erkenntnisse bei wiederholter Behandlung auf höheren Klassenstufen vertieft und erweitert werden können.
C. Wassner, S. Krauss, L. Martignon: Muss der Satz von Bayes schwer verständlich sein? PM, Praxis der Mathematik 44 (2002)1, 12
Bedingter Wahrscheinlichkeit kommt sowohl aus didaktischer, praktischer und kognitionspsychologischer Sicht besondere Bedeutung zu. Innerhalb dieses Gebietes ist der Satz von Bayes ein Stolperstein für die Intuition. Es zeigt sich jedoch, dass durch die Verwendung von "natürlichen" absoluten Häufigkeiten diese Probleme überwunden werden können. In engem Bezug auf den kognitionspsychologischen Forschungsstand zu diesem Gebiet wird ein neuer didaktischer Vorschlag zur Einführung des Satzes von Bayes gegeben.